Berufsunfähigkeit Definition

Berufsunfähigkeit Definition. Der Begriff Berufsunfähigkeit wird von Anbieter zu Anbieter oft unterschiedlich definiert. Eine einheitliche Musterdefinition gibt es im Markt nicht.

Der im neuen Versicherungsvertragsgesetz von 2008 enthaltene §172 Abs. 2 VVG stellt nur eine Art untere Grenze dar, von der die BU-Anbieter jederzeit positiv abweichen können und das in Ihrem Sinne auch meistens tun.

Berufsunfähigkeit Definition nach Versicherungsvertragsgesetz § 172

(1) Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Versicherer verpflichtet, für eine nach Beginn der Versicherung eingetretene Berufsunfähigkeit die vereinbarten Leistungen zu erbringen.

(2) Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.

(3) Als weitere Voraussetzung einer Leistungspflicht des Versicherers kann vereinbart werden, dass die versicherte Person auch keine andere Tätigkeit ausübt oder ausüben kann, die zu übernehmen sie auf Grund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

Dieser “Mindestdefinition” des §172 VVG stellen wir nun einmal die aktuelle Definition in den Versicherungsbedingungen der Nürnberger Versicherung (Komfort-Schutz) 07-2022 gegenüber:

Berufsunfähigkeit Definition Nürnberger Versicherung

Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Verletzung des Körpers oder
Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, gesundheitlich beeinträchtigt ist und voraussichtlich mindestens 6 Monate ununterbrochen außerstande ist oder bereits 6 Monate ununterbrochen außerstande gewesen ist, ihren vor Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung
ausgestaltet war, zu mindestens 50 % auszuüben, und sie auch keine andere Tätigkeit ausübt, zu der sie aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht (konkrete
Verweisung). In beiden Fällen liegt bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit bereits von Beginn der Sechs-
Monats-Frist an vor.

Hier sollten schon auf den ersten Blick deutliche Unterschiede auffallen:

  1. Versicherte gesundheitliche Beeinträchtigungen – Krankheit, Körperverletzung, Kräfteverfall
  2. Prognose – voraussichtlich mindestens 6 Monate
  3. Dauer – 6 Monate ununterbrochen außer Stand war
  4. Leistungsgrenze – hier 50 % im zuletzt ausgeübten Beruf
  5. Leistung stets rückwirkend – Berufsunfähigkeit von Beginn dieses 6 monatigen Zeitraums

Eine Berufunfähigkeitsversicherung leistet, wenn ich in Folge der drei versicherten gesundheitlichen Beeinträchtigungen – Krankheit, Körperverletzung, Kräfteverfall – meines zuletzt ausgeübten Beruf gemäß Prognose oder Dauer nicht mehr bis zur vertraglich vereinbarten Leistungsgrenze ausüben kann. Diese versicherten gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind anhand eines geeigneten Therapie-, Behandlungs- oder Diagnosestands medizinisch nachzuweisen.

Prognose und Dauer – Wie wird Berufsunfähigkeit festgestellt?

Wohingegen es bei psychischen Beschwerden wird es einige Zeit dauern, bis hinreichende Erkenntnisse vorliegen, um einen aussichtsreichen Leistungsantrag stellen zu können. Das hat nichts mit “mein Versicherer will nicht zahlen” zu tun, es ist eine medizinische Notwendigkeit.

Damit ist der Versicherer gezwungen, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu objektivieren. Nehmen wir mal die Erkrankung schwere depressive Episode. Wenn nur ein Hausarzt die Diagnose schwere depressive Episode stellt, wird das für einen Leistungsnachweis beim Versicherer nicht reichen. Es fehlt dann meist an Kriterien:

  1. Medikamenteneinnahme, eine schwere depressive Episode ohne medikamentöse Behandlung ist nicht glaubwürdig
  2. Beginn einer Therapie, eine schwere depressive Episode ohne Therapie beim Facharzt oder Therapeuten ist nicht glaubwürdig
  3. Ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit, mit einer schweren depressiven Episode geht man nicht mehr arbeiten
  4. Stationäre Aufenthalte, gerade zum Selbstschutz sind stationäre Therapien im Kontext schwerer depressiver Episoden meistens die Regel

Kurzum, um einen medizinischen Leistungsnachweis hinsichtlich der Prognose führen zu können, benötige ich aussagekräftige medizinische Unterlagen.

Ergänzt wird die Prognose um die Dauer. Dauer meint in diesem Fall, ich war bereits nachweisbar für 6 Monate außer Stande, meinen zuletzt ausgeübten Beruf bis zur Leistungsgrenze auszuüben. Wohingegen es nicht genügt zu belegen “ich war 6 Monate krankgeschrieben”. Indem auch die Dauer anhand aussagekräftiger medizinischer Unterlagen ärztlich zu beweisen ist.